Glossar der Verfassungsschutzbehörden
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Phänomenbereich Islamismus
Die Wandlung in die Gesellschaft integriert erscheinender junger Personen zu islamistisch motivierten Gewalttätern wirft Fragen zum Radikalisierungsprozess auf. Es existieren zahlreiche wissenschaftliche Studien zu dem Thema, die trotz unterschiedlicher Methodik Grundaussagen bezüglich der Radikalisierung von Personen zulassen: Viele junge Menschen stellen sich Fragen zu ihrer Identität und meinen, u.a. im Islam Antworten finden zu können. Zentral ist dabei oftmals die Frage nach der Bedeutung, als Muslim in einer mehrheitlich nichtmuslimischen Gesellschaft zu leben. Eine scheinbare Antwort auf diese Fragen können islamistische Ideologien, wie der Salafismus, bieten, der vor allem über das Internet, aber auch in geringerem Maße über Literatur und Prediger vermittelt wird.
Die meisten Muslime lehnen eine solche extremistische Islaminterpretation ab. Akzeptanz findet die Ideologie bei Jugendlichen und jungen Erwachsenen dann, wenn sie dort aufgrund von erlebten Frustrationserfahrungen wie Diskriminierung, Erniedrigung, Entfremdung, Ungleichbehandlung, Perspektiv- und Orientierungslosigkeit oder Konflikten mit dem Elternhaus angebliche Bestätigung finden. In diesem Fall werden persönliche negative Erfahrungen in eine Weltsicht eingebettet, in der sich die Ungläubigen in jeder Hinsicht gegen die Muslime verschworen haben. Die Ursachen für eine Radikalisierung liegen jedoch nicht im Islam, sondern sind sozialer, ökonomischer oder psychologischer Natur. Daher ist häufig nicht die Ideologie der wichtigste Grund, sich einer extremistischen Gruppierung anzuschließen, sondern die Aufnahme und Akzeptanz in einer Gemeinschaft von vermeintlich Gleichgesinnten.
Auch wenn die Befürwortung oder sogar Ausübung von Gewalt eher die Ausnahme darstellt, so gefährdet auch die gewaltlose Radikalisierung, vergleichbar mit Sekten und fundamentalistischen Strömungen innerhalb anderer Religionen, den gesellschaftlichen Zusammenhalt und ein friedliches, interkulturelles Zusammenleben, da sie Polarisierung und soziale Abschottung fördert. Begünstigt werden entsprechende Radikalisierungsprozesse darüber hinaus durch die insgesamt zu beobachtende Polarisierung und damit verbundene Diskriminierung innerhalb der gesamten Gesellschaft.
Phänomenbereich Rechtsextremismus
Rechtsextremisten ist es in den letzten Jahren zunehmend gelungen, anschlussfähige Themenfelder wie z. B. den islamistischen Terrorismus, die Straftaten von unbegleiteten minderjährigen Flüchtlingen oder linksextremistische Gewalt für ihre Zwecke zu instrumentalisieren. Mit subtiler Propaganda konnten sie erfolgreich Zustimmung aus den Sorgen und Ängsten vieler Menschen generieren und auf diese Weise neue und heterogene Netzwerke erschließen. Die zunehmende Auflösung der klassischen Formen fester rechtsextremistischer Organisationsstrukturen ging hierbei mit einer informellen Vernetzung ihrer Protagonisten in breit aufgestellten Kampagnen, Gruppierungen oder Initiativen einher. Dies führte zu einer Entgrenzung der sich in der Vergangenheit eher im „gesellschaftlichen Abseits“ befindlichen Szene. Mit den klassischen Erscheinungsformen rechtsextremistischer Organisationsstrukturen und offen erkennbaren rassistischen oder nationalistischen Parolen gelang es Rechtsextremisten kaum mehr, andere Menschen zu überzeugen. Die immer latenter werdenden Erscheinungsformen des Rechtsextremismus, das bewusste Verdeckthalten von Szenebezügen und die populistische Aufbereitung breitentauglicher Feindbildszenarien ermöglichten es Rechtsextremisten, Zustimmung zu generieren und dadurch größeren gesellschaftlichen Rückhalt zu erfahren.
Hierdurch werden Radikalisierungsprozesse in ganz erheblichem Maße begünstigt: Für viele Menschen wird es immer schwieriger, zu erkennen, ob und inwiefern sie ggf. den manipulativen Einflüssen von Rechtsextremisten unterliegen. Vor allem in digitalisierten Kommunikationsrahmen können Menschen durch eine Flut gleichgelagerter Informationen einer verzerrten Wahrnehmung von Realität unterliegen, die von deutlich übersteigerten Bedrohungsszenarien gekennzeichnet werden und dabei diffamierende Stereotypenbilder kolportieren. Hierdurch wird jeder Flüchtling pauschal zum „Vergewaltiger“, jeder Muslim zum „islamistischen Terroristen“ oder jeder „Alternative“ zum „autonomen Gewalttäter“ hochstilisiert. Das Gefährliche daran: Mit den wachsenden Ängsten, die bei den Empfängern solcher Bedrohungsszenarien ausgelöst werden, geht auch eine gesteigerte Gewaltakzeptanz zur Abwehr dieser vermeintlichen Gefahren einher. Es bildet sich ein Nährboden für Hass und Gewalt in dem sich immer mehr Einzeltäter und Kleinstgruppen radikalisieren.
Unter Rechtsextremismus werden Bestrebungen verstanden, die sich gegen die im Grundgesetz konkretisierte fundamentale Gleichheit der Menschen richten und die universelle Geltung der Menschenrechte ablehnen. Rechtsextremisten sind Feinde des demokratischen Verfassungsstaates, sie haben ein autoritäres Staatsverständnis, das bis hin zur Forderung nach einem nach dem Führerprinzip aufgebauten Staatswesen ausgeprägt ist. Das rechtsextremistische Weltbild ist geprägt von einer Überbewertung ethnischer Zugehörigkeit, aus der u.a. Fremdenfeindlichkeit resultiert. Dabei herrscht die Auffassung vor, die Zugehörigkeit zu einer Ethnie, Nation oder "Rasse" bestimme den Wert eines Menschen. Offener oder immanenter Bestandteil aller rechtsextremistischen Bestrebungen ist zudem der Antisemitismus. Individuelle Rechte und gesellschaftliche Interessenvertretungen treten zugunsten kollektivistischer "volksgemeinschaftlicher" Konstrukte zurück (Antipluralismus).
siehe auch: Revisionismus, Skinheads, Autonome Nationalisten, Antisemitismus, Neonazismus, Kameradschaften, Freie Nationalisten/Freie Kräfte, Fanzine, Neue Rechte
Als "Residenturen" bezeichnen deutsche Nachrichtendienste die Stützpunkte fremder Nachrichtendienste in Deutschland. Es gibt "Legalresidenturen" (Konsulate und Botschaften) sowie "illegale Residenturen", wie z. B. Handelsvertretungen und Tarnfirmen.
Der das Bestreben nach einer kritischen Überprüfung von Erkenntnissen beschreibende Begriff "Revisionismus" wird von Rechtsextremisten zur Umdeutung der Vergangenheit verwendet. Ihnen geht es dabei nicht um eine wissenschaftlich objektive Erforschung der Geschichte, sondern um die Manipulation des Geschichtsbildes, um insbesondere den Nationalsozialismus in einem günstigen Licht erscheinen zu lassen. Man kann unterscheiden zwischen einem Revisionismus im engeren Sinn, der den Holocaust leugnet, und einem Revisionismus im weiteren Sinn, der etwa die deutsche Schuld am Ausbruch des Zweiten Weltkrieges bestreitet.
Der zeitgeschichtliche Revisionismus bedient sich unterschiedlicher Aussagen und Methoden. So beinhaltet die Leugnung des "Holocaust", das Ausmaß der Ermordung von Millionen europäischer Juden durch das NS-Regime zu verharmlosen oder sogar abzustreiten. Dabei werden vorhandene Dokumente auf unseriöse Weise fehlinterpretiert oder fadenscheinige Vorwände zur Leugnung der Ereignisse gesucht. Forschungsergebnisse seriöser Historiker, die eindeutig belegen, dass die "Endlösung der Judenfrage" unzweifelhaft stattgefunden hat, werden durch rechtsextremistische Revisionisten bewusst ignoriert.